Der Bundesverband Soziokultur e. V. ermittelte in einer Blitzumfrage im April 2021 die aktuelle Lage in soziokulturellen Zentren und Initiativen und bezog dabei auch Kultur- und Literaturzentren sowie kulturelle Initiativen mit ein. Die Ergebnisse zeigen, dass passgenaue Fördermaßnahmen griffen und die Akteur*innen mit dieser finanziellen Unterstützung, mit Widerstandsfähigkeit, Solidarität und kreativer Kraft die extrem schwierige Zeit meistern. Zudem zeichnen sich aber Notwendigkeiten hinsichtlich einer Reform des Zuwendungsrechts ab und es gibt großen Bedarf an Qualifizierungsmaßnahmen.
Regelmäßig befragt der Bundesverband Soziokultur e.V. die mittlerweile mehr als 600 Mitgliedszentren, die er vertritt, und veröffentlicht dazu statistische Berichte, zuletzt „Was braucht`s? Soziokulturelle Zentren in Zahlen 2019“. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie erhob der Bundesverband mit einer Blitzumfrage im April 2021 Daten zu Situation und Perspektiven von Kultureinrichtungen über den Tellerrand der Soziokultur hinaus: Befragt wurden neben Mitgliedseinrichtungen des Bundesverbandes auch Kultureinrichtungen mit einem ähnlichen Profil, Kulturhäuser, Literaturzentren und kulturelle Initiativen, die erfolgreich Mittel von Bundesförderprogrammen über den Bundesverband Soziokultur e.V. beantragt hatten. Die Ergebnisse stehen deshalb nicht in direktem Zusammenhang zu den regulären statistischen Erhebungen des Bundesverbandes Soziokultur.
Die Umfrage bezieht sich auf den Zeitrahmen April 2020 bis April 2021. Bundesweit nahmen 615 Einrichtungen teil. Die Ergebnisse sind übersichtlich zusammengefasst in der Sonderausgabe des statistischen Berichts „3, 2, 1 … auf! Lage der soziokulturellen Zentren und Initiativen, Literatur- und Kulturzentren und kulturellen Initiativen 2021“. Der Bundesverband dankt den Teilnehmenden herzlich für ihre Mühe und ihr Engagement!
Die gewonnenen Informationen vermitteln ein konkretes aktuelles Bild der personellen und finanziellen Situation der Kultureinrichtungen, der veränderten Angebote während der Lockdowns, der umfänglichen Vorbereitung auf eine dauerhafte und sichere Wiedereröffnung und bilden die Entwicklungsschübe ab, die Akteur*innen erarbeitet haben. Zudem lassen sich eindeutige Bedarfe nach mehr Vernetzung, Beratung und Qualifizierung ablesen sowie nach einer zeitgemäßen, fundierten, sachdienlichen finanziellen Unterstützung, um die Herausforderungen der Zukunft und absehbare künftige Gefährdungen abzuwenden. Der Bundesverband wird sich dieser Aufgaben annehmen.
Die Umfrageergebnisse zeigen eines deutlich: Die soziokulturellen Zentren und Initiativen werden weiterhin als Orte der kulturellen Vielfalt und der gelebten Demokratie wirken und somit in Zeiten sich zuspitzender Spaltung der Gesellschaft an Bedeutung weiter zunehmen.
Aufgrund rascher Förder- und Unterstützungsmaßnahmen von allen politischen Ebenen, kurzfristiger Umsetzung durch den Bundesverband sowie aufgrund des Einfallsreichtums und der Energie der Akteur*innen blieben die Kultureinrichtungen zum weit überwiegenden Teil arbeitsfähig. Neben einer Abmilderung der Pandemiefolgen konnte durch Programme wie das Sofortprogramm NEUSTART und das Rettungspaket NEUSTART KULTUR der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) zudem ein Teil des Investitionsstaus in den soziokulturellen Zentren und Initiativen abgebaut werden.
Auch die Programmarbeit wurde wirksam unterstützt. Nicht einmal drei Prozent der befragten Einrichtungen mussten die Veranstaltungen komplett ausfallen lassen. Auch Kurse, Workshops und Projekte wurden zu 90 Prozent so modifiziert, dass sie stattfinden konnten. Kreativ und erfinderisch trafen die Einrichtungen Vorbereitungen für eine neue Digitalität. Durch sie werden Hybridveranstaltungen auch in Zukunft verankert und Teilhabe kann in neuen Dimensionen gedacht werden.
Die Solidarität der Kolleg*innen vor Ort dabei beeindruckt: Neben vergleichsweise geringen personellen Folgen bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – weit weniger Personen als befürchtet wurde, waren und sind von Entlassung bedroht – konnten auch die meisten Stellen für Freiwilligendienstleistende gehalten werden. Ein großer Teil der Ehrenamtlichen hat sich im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin engagiert.
Auf eine Eröffnung sind die Zentren und Initiativen so umfassend vorbereitet, dass sie in fast allen Bereichen binnen kürzester Zeit wieder starten können. Sie benötigen dazu von der Politik eine dauerhaft verlässliche Öffnungsstrategie.
Das alles zeigt: Die soziokulturellen Zentren und vergleichbare Kultureinrichtungen werden neben spannenden Veranstaltungsprogrammen – engagierter denn je – die Frage „Wie wollen wir leben?“ durch alltägliche und niedrigschwellige künstlerisch-kulturelle Auseinandersetzung, durch Austausch und Beteiligung verhandeln. Aus dem Selbstverständnis der Soziokultur heraus wird der statistische Bericht „3, 2, 1 … auf!“ am heutigen „Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung“ herausgegeben.